Es regnet. Du stürzt durch die dreckigen Straßen wie eines der Kaninchen, die man manchmal im Park aufschreckt. Der kalte Nieselregen kriecht unter Deine Kleidung und lässt Dich schaudern. Du bist jemandem begegnet, der Dir viel bedeutet und sie hat nur kurz genickt. Wenn überhaupt. Du fühlst Dich wie eine Mülltüte mit einem zu vollem Terminkalender. Plötzlich wird es dunkel und Du stehst mitten im Wald. Es schneit und der eisige Wind lässt Deine nassen Sachen bretthart gefrieren. Der Schwindel macht die Orientierung immer schwieriger. Irgendwo ist ein schwaches Licht zu sehen. Ein Auto oder eine Waldhütte mit rauchendem Kamin. Langsam arbeitest Du Dich gegen den Wind in die Richtung des Lichts. Du taumelst, landest im Schnee, die Kälte durchzuckt Dich. Irgendwie kommst Du wieder auf die Beine. Kurz vor der Hütte brichst Du wieder zusammen und bleibst kraftlos liegen. „Dann eben nicht“, denkst Du Dir genau in dem Moment, als sich die Tür öffnet und sich ein leiser Lichtstrahl in die Nacht verläuft. In der Tür steht ein Freund. Einer, den Du lange nicht gesehen hast und den Du seit Monaten mal wieder anrufen wolltest. Er kommt zu Dir und hebt Dich auf. Trägt Dich in die Hütte und setzt Dich vor der wabernden Wärme des Kaminfeuers ab. „Bier oder Whisky?“, ist das einzige, was er wissen will. Zum ersten Mal seit Wochen streicht ein Lächeln über Dein Gesicht und Du antwortest: „Beides.“.
Musik
Konzerte und CDs – kommentiert von Tobe
Das schwierige vierte Album: Bloc Party – Four
Wie gut, dass ich mein Geld nicht mit Musikrezensionen verdienen muss, denn erstens wäre ich dann längst völlig abgebrannt und zweitens müsste ich an dieser Stelle in blumiger Sprache und anhand vieler Beispiele erklären können, warum sich häufig am vierten Album einer Band ihr Schicksal entscheidet. Kann ich aber nicht. Die momentane Anhäufung der vierten Alben von Bands, die während der Indie-Rock-Welle 2005/06 auf der Bildfläche erschienen sind, kann dennoch mit Interesse verfolgt werden. Die Arctic Monkeys lösten ihr Problem des vierten Albums bereits letztes Jahr mit dem tiefentspannten, zeitlosen Suck it and See, welches zwar nicht überaus erfolgreich war, aber die Kontinuität der Band unterstrich. Abgesehen davon sind die Arctic Monkeys inzwischen too big to fail, wenn diese Begriffsentlehnung gestattet ist. Nicht too big to fail sind leider Maxïmo Park, die im Frühsommer ihre viertes Werk The National Health vorlegten, aber neuer Plattenfirma, wiedererstarktem Songwriting und zwei hervorragenden Singles („Write This Down“ und „The Undercurrents“) zum Trotz muss man befürchten, dass diese Band stagnierend in der Versenkung verschwindet. Auch The Killers veröffentlichen gerade ihr viertes… ach, reden wir nicht über The Killers… deren Probleme liegen zu tief, als dass man sie auf ein Album reduzieren könnte. Reden wir über Bloc Party und ihr viertes Album FOUR!
Besser ohne Worte: Coldplay auf der Closing Ceremony der Paralympics
Wer schon überrascht die Stirn gerunzelt hatte, dass auf den Feierlichkeiten der Olympischen Spiele in London so ziemlich jede britische Band der letzten 50 Jahre zitiert wurde – nur Coldplay nicht, kann sich nun entspannt zurücklehnen. Auf dem Zenit ihrer musikalischen Karriere hatte die wichtigste (britische) Band des letzten Jahrzehnts die Ehre, mit einem über einstündigen Konzert den Schlussakkord des britischen Sommermärchens zu setzen. Und Coldplay sowie die 1200 übrigen Akteure im Olympiastadion zeigen, dass sie dieser Ehre gerecht werden. Welche andere Band könnte derzeit so selbstbewusst und routiniert vor 80.000 Zuschauern spielen und dabei gleichzeitig ihre Freude und Demut vor der Besonderheit des Augenblicks zeigen? Eine gute Stunde, die in die Popkonzertgeschichte eingehen wird.
Die Platte des (Spät-)Sommers: BerlinskiBeat – Gassenhauer
Die Platte des diesjährig etwas verspäteten Sommers kommt aus Berlin! Bevor jetzt wieder alle empört „Lokalpatriotismus“ schreien, darf kurz aus einer Ankündigung auf radioeins zitiert werden: „Ein polnischer Dudelsackspieler, ein deutscher Tubist, ein tschechischer Trompeter, ein Sänger aus der Blutlinie eines waschechten Zigeunerkönigs, ein DJ aus Bosnien, West- und Ostberliner Schlagzeuger und Percussionisten – eine explosive Mischung aus Straßenmusik, Clubsounds und Berliner Schnauze.“ Na jut, kann man so sagen. Neudeutsch könnte man ooch sagen Balkan-Pop meets Seeed meets Comedian Harmonists und wer dazu nicht tanzt, ist tot.
Die sympathischste Band der Welt und ihr neues Album: The Shins – Port of Morrow
Ein praktischer Lebensrat für den männlichen Mittdreißiger, der in die Verlegenheit kommt, nach seiner Lieblingsband gefragt zu werden und weder mit AC/DC (zu prollig) noch mit U2 (zu unre-flektiert) auch nicht mit Kraftklub (zu jung!) antworten möchte: The Shins bieten sich als Lieblingsband geradezu an, da sie weder zu bodenständig, noch zu abseitig, weder zu männlich, noch zu uncool, dabei grundsympathisch sind und mindestens zwei der fünf schönsten Lieder des letzten Jahrzehnts geschrieben haben.