von Radu Mihaileanu, mit Aleksei Guskov, Dmitri Nazarov und Mélanie Laurent
Andrej Filipov war vor 30 Jahren gefeierter Stardirigent beim weltberühmten Bolschoi-Orchester. Bis er von der Regierung zum Putzmann degradiert wurde, da er einige jüdische Orchestermitglieder nicht rausschmeißen wollte.
Heute ist er immer noch Putzmann, die meisten ehemaligen Orchestermitglieder gehen längst ähnlich tollen Berufen wie Krankenwagenfahrer, Gemüsehändler oder Möbelpacker nach. Doch kurz nachdem wir als Zuschauer soweit mit dieser Situation vertraut gemacht wurden, fällt Filipov ein Fax des legendären pariser Theaters Châtelet in die Hände. Darin bitten sie das Bolschoi um ein Gastspiel. Geistesgegenwärtig unterschlägt Filipov das Fax, um einen wahnwitzigen Plan zu verfolgen: Er will sein altes Orchester zusammentrommeln und anstatt des Bolschoi-Orchsters das Konzert geben. Mit der Starggeigern Anne-Marie Jacquet als Solistin.
Wenn das mal gutgeht…
Kleines Statement vorab: Ich bin kein Musiker. Aber ich habe schonmal Konzerte und Proben dazu gesehen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ein professionelles Orchester ohne jegliche Proben mal eben ein zu Tränen rührendes Tschaikowski-Konzert geben kann. Geschweige denn, dass die musikverliebten Musiker eine Probe ausfallen lassen würden, um Handys zu verkaufen.
Aber genau das passiert hier, was der Glaubwürdigkeit des Films doch einen gewissen Dämpfer gibt. Zugegeben, die grundlegende Geschichte über eine langersehnte zweite Chance und die Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit des Dirigenten ist gut, wenn nicht bewegend. Die beiden Hauptdarsteller, Aleksei Guskov und die aus Inglourious Basterds noch im Gedächntnis haftende Melanie Laurent spielen toll und intensiv, wie auch die meisten anderen Darsteller.
Was mich aber gestört hat, ist die flache Handlung im Mittelteil. In einer Kreuzung aus Louis de Funès und Anna Karenina trifft man auf Russen, die in bester französischer Filmtradition russisch vor sich hinplappern (was die deutschen Synchronfirma vor hörbar unlösbare Schwierigkeiten stellte) und sich durch das maue Drehbuch kaspern. Das mag der französischen Komödientradition entsprechen, nimmt der tragischen Haupthandlung aber ihr Gewicht und zieht sie mit in den Abgrund der Lächerlichkeit.
Kein Klischee auslassend ziehen die Russen in Paris angekommen also erstmal saufend um die Häuser und verpassen Probe um Probe, während der Parteibonze im Pariser KP-Ableger den alten Zeiten nachtrauert, die Ensemble-Zigeuner Instrumente und Anzüge organisieren und der Pariser Theaterchef an der slawischen Lebensart verzweifelt -das ist originell wie Coq au vin und ermüdend wie eine Rede Fidel Castros. Die zwei Lichtblicke in all dem Wirrwar sind der Orchesterchef mit seiner Violinistin, die nichts von dem gemeinsamen Geheimnis ahnt, und schließlich das finale Konzert.
Tschaikowskis Violinkonzert D-Dur für Violine und Orchester, Op. 35, entschädigt schließlich größtenteils für die erlittene Langeweile, wird es doch elegant mit erhellenden Rückblenden zur Vorgeschichte unterlegt. Auch wenn das Gefühl bleibt, dass die Stargeigerin kaum die g von der e Saite unterscheiden kann, kaschiert der geschickte Schnitt diesen Umstand doch elegant. Und so stellt sich am Schluss noch ein kurzer, aber bewegender Gänsehautmoment ein, der nur fast von seinem Schmalz ertränkt wird.
In Summe ein mäßiger Kinogenuss, der bestimmt den einen oder anderen Fan finden wird, aber sicher nicht bei mir. (6/10)