The Dictator
von Larry Charles, mit Sacha Baron Cohen, Sayed Badreya, John C. Reilly, Ben Kingsley und Anna Faris
General Aladeen ist typischer Herrscher eines typischen Wüstenstaates: Er hat einen obszön opulenten Palast, lässt unbequeme Bürger nach belieben foltern und exekutieren, ist durch die Ölvorkommen unantastbar und lässt in seiner Freizeit Atombomben bauen. Klar, dass die vereinten Nationen kurz davor sind, ihm eine scharfe Rüge zu erteilen. Um die nun von seiner Unschuld zu überzeugen, reist er mit seinem Gefolge nach New York, um eine Beruhigungsrede im UNO-Gebäude zu halten. Doch es gibt einen Verräter in seinen Reihen, der finstere Pläne hat: Den Staat Wadiya in eine Demokratie zu verwandeln und die Ölvorräte an die Amis und Chinesen zu verscheuern. Doch dazu muss erstmal der Diktator aus dem Weg geräumt werden. Aber der perfide Plan misslingt, und der Diktator überlebt, wenn auch seines Bartes beraubt, und ist nun auf sich allein gestellt. Nun muss er alles daran setzen, sich wieder zur UN durchzuschlagen und dieser albernen Demokratisierung ein Ende zu bereiten. Unverhoffte Hilfe erhält er schließlich von der Menschenrechtsaktivistin und Bioladenbesitzerin Zoey – die natürlich bei weitem nicht ahnt, wen sie da unterstützt…
OK, dieser Film polarisiert. So wie Borat, Brüno und der schon fast vergessene Ali G (der trotz der unsagbar schlechten Synchronisation immer noch der Beste aus der Sacha Baron Cohen Quadrilogie sein dürfte). Wie Cohen selbst sagt: Er macht genau die Filme, die er selbst gerne schauen würde, und die sind nunmal ziemlich krank.
So auch dieser Film. Die Witze sind geschmacklos, sexistisch, fäkal und frauenfeindlich, quasi das genau genau Gegenteil zu Politcal Correctness. Wer sich daran stößt, sollte diesen Film meiden. Wer sich aber darauf einlässt, kann durchaus seinen Spaß haben. Wobei das zugegeben eher auf männliches Publikum zutreffen wird.
„You’re all Arabs to me: Jews, Blacks, and those tree-hugging queers from Avatar“
– Aladeens Bodyguard
Neben den offensichtlichen Geschmacklosigkeiten hat das Werk von filmerischer Seite einige deutliche Schwächen. Die Story (ja, die gibt es durchaus) ist sehr Episodenhaft, verfängt sich oft in Nebenschauplätzen, und den Gags fehlt oft das nötige Timing, viele andere sind einfach nur platt. Sieht man davon ab bleibt aber durchaus noch Substanz, von der sich großartig zehren lässt. Mal wieder sind es die Amis, die dabei besonders viel Federn lassen müssen. Von der lesbenfreundlichen, schwulenfreundlichen, tierschützenden, veganen, antiautoritären, sozialen und daher völlig erfolglosen Ladenbesitzerin, der der Diktator mit seinen Mitteln zum Erfolg verhilft, über die in jedem Araber oder arabische aussehehenden Menschen ein Terroristen sehenden Bürgern (insbesondere wenn er ‚9/11‘ ausspricht) bis hin zu den Führern dieser Welt, die Demokratie predigen und hintenrum auch nicht viel weniger Leichen im Keller haben als so mancher Diktator, sie alle müssen heftig einstecken.
Ich will jetzt nicht so weit gehen, Cohen und seinen Film als sozialkritisch zu bezeichnen, aber hinter all dem provokativen Beiwerk steckt durchaus heftige und nicht von der Hand zu weisende Kritik an der US-Politik mit all ihren Ungerechtigkeiten von Guantanamo über Fox-News bis hin zum neuen Rassismus gegen Moslems. Und es ist meines Wissens der erste, der das ganze halbwegs erfolgreich auf der großen Leinwand thematisiert. Für diese Theorie spricht auch, dass eine beachtliche Zahl Hollywoodgrößen diesen Film mit Gastauftritten unterstützten – und Ben Kingsley ist nicht gerade dafür bekannt, für jeden Teenie-Fäkal-Plattfilm zur Verfügung zu stehen. Und auch war es meistens der Hofnarr, der unbequeme Tatsachen zuerst Aussprechen durfte.
Also: Wenn das von Cohen tatsächlich so geplant war, wie ich hier fabuliere, dann kann ich nur sagen:
„Respect!“
– Ali G.
Für die, die sich auf den kleinen Diktator in uns allen einlassen können und „Everybody Hurts“ schon immer mal mit arabischem Text hören wollten: (8/10).