Watchmen – Die Wächter

Watchmen

von Zack Snyder, mit Malin Akerman, Billy Crudup, Matthew Goode, Jackie Earle Haley, Jeffrey Dean Morgan und Patrick Wilson

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Watchmen

„The Times They Are a-Changin'“, so singt Bob Dylan in der Titelsequenz. Und in der Tat, die Zeiten haben sich geändert. Aus den guten, alten maskierten Wächtern der Gerechtigkeit geworden, die damals in den 60er Jahren noch für Recht und Ordnung gesorgt haben. Doch die Zeiten sind endgültig vorbei. Der Vietnamkrieg ist gewonnen, Richard Nixon kandidiert für dritte Amtszeit und wir schreiben das Jahr 1985. Ein Großteil der Watchmen von damals ist tot, eingesperrt oder in Rente. Die Übrigen haben aus Angst der Bevölkerung vor ihren Superkräften Berufsverbot, und so verstauben die Kostüme von Silk Spectre II, Ozymandias, dem Comedian Nite Owl nutzlos im Kleiderschrank, während die Welt auf einen Atomkrieg zusteuert. Einzig Dr. Rorschach kümmert sich nicht um das Verbot und zieht Nachts maskiert durch die Straßen, enttäuscht von der Menschheit und auf der Suche nach Gerechtigkeit. Er ist dann auch der einzige, der mehr hinter dem Mord an Edward Blake, dem Comedian, vermutet als einen bloßen Racheakt. Seine Versuche, die Kameraden von damals zu reaktivieren, scheitern: Der immer mehr ins metaphysische abgleitende Dr. Manhattan arbeitet lieber weiter an seiner unerschöpflichen Energiequelle; Adrian Veidt alias Ozymandias arbeitet lieber an der Vermarktung seiner Actionfiguren; Laurie Jupiter alias Silk Spectre II hat keine Luste mehr auf Latexanzüge und Dan Dreiberg würde Laurie zwar gerne wieder in Latex sehen, hat aber keine Lust auf Stress mit der Regierung.
Nun ist Rorschach der letzte, der sich davon entmutigen ließe. Beharrlich fischt er weiter im Trüben, und stößt schließlich tatsächlich auf etwas größeres, auf eine Verschwörung, die den Untergang der Watchmen zum Ziel hat. Doch wozu? Bevor er dem näher auf den Grund gehen kann, tappt er selbst in eine Falle und landet im Gefängnis – zusammen mit all den Gestalten, die er im Laufe der Jahre dorthin gebracht hat. Nun liegt es an den restlichen Watchmen zu entscheiden, was sie wollen – weiter den Kopf einziehen, oder ihren alten Freund vor dem sicheren Tod retten? Oder ist auch das Teil des Plans? In die Zukunft müsst man schauen können, was Dr. Manhattan eigentlich auch kann. Doch von dort aus blenden ihn Tachyonen – so wie ein Atomkrieg sie erzeugen würde…

Wow. Irgendwie komisch. Da hat man fast drei Stunden im Kino einen Superheldenfilm gesehen, aber es fühlt sich irgendwie anders an. Irgendwie ist an diesem Film alles anders. Die meisten Superhelden haben keine Superkräfte. Der Comedian ist nicht witzig. Rorschach ist ein brutaler Psychopath. Nightowl ist ein Feigling, Ozymandias ein aalglattes, wenn auch als intelligentester Mensch der Welt ein ziemlich redegewandtes Arschloch, und Dr. Manhattan geht die Menscheit mittlerweile an seinem blau leuchtenden Arsch vorbei. Was nicht schwer ist, läuft er doch meistens nackt herum. Dass man seine bestes (wenn auch computeranimiertes) Stück dabei des öfteren mal dezent herumbaumeln sieht, ist nur ein Beispiel für die Innovativität dieses Films – das ist im amerikanischen Kino sonst streng verboten.
Basierend auf der Graphic Novel Watchmen von Alan Moore erschuf der mit komplexer Optik nach 300 bestens vertraute Zack Snyder einen der besten, zynischsten und desillusionierendsten Superheldenfilme, den ich je gesehen habe. Eng an der Vorlage orientiert, konzentriert er sich auf so sehr auf die Charakterzeichnung seiner Superhelden und der Gesellschaft, die sie erst hervorbrachte und dann verdammte, dass der Film mehr an eine Therapiesitzung als an einen Actonfilm erinnert. Die Actionszenen sind daher auch eher dünn gesäht, dann aber heftig – Blut spritzt, Knochen splittern, Gliedmaßen fliegen herum. Dennoch wirkt dies nie als Selbstzweck, sondern nur als logische Konsequenz in der Welt, in die dieser Film uns hereinzieht. Und das ist nur eins der zahlreichen Beispiele, bei dem die Erwartungen der Zuschauer ins Leere laufen: Wo man Helden erwartet, bekommt man Schurken. Wo man Schurken erwartet, bekommt man Helden. Oder irgendwas dazwischen. Erwartet man einen Showdown, fällt er flach. Herrlich.

Meilenweit weg vom Große-Macht-bringt-große-Verantwortung-Gesülze eines Peter Parker haben die Helden dieses Films ihre Rolle wirklich satt, die Grenzen zwischen Gut und Böse sind verschwommen. Die Dialoge sind dunkel, dreckig, voller Andeutungen und Doppeldeutigkeiten, ohne sich für den einen oder anderen Oneliner zu schade zu sein, und der Rest des Films ist es auch. Begonnen mit dem Mord am Comedian bekommt uns der Sog dieser Welt uns spätestens mit der genialen Titelsequenz zu der zu Beginn erwähnten Musik zu packen, in der als eine der ersten der zahlreichen Querverweise bereits die Eltern eine kleinen Jungen vor einem Straßenräuber gerettet werden – Batman lässt grüßen. Überhaupt ist der Soundtrack eine der weiteren großen Stützen des Films – weniger der Score, wohlgemerkt, sondern die brilliant gewählten, zur jeweiligen Zeit gehörigen Musikstückchen von Dylan bis Garfunkel, die einen einfach packen.

Neben detailversessener Ausstattung, wuchtiger Kamera, beeindruckender Technik und der stimmigen Musik geben schließlich die eher unbekannten, aber herausragenden Darsteller dem Film ihr Gesicht, allen voran Jackie Earle Haley als Rorschach, der sich mit Marv aus Sin City bestens verstehen würde. Die Seele des Films ist letztlich eine für heutige Action-Superhelden-Blockbusterfilme selten gewordene, tiefgründige, schmutzige und alles andere als bibeltreue Geschichte, die mit den Gewohnheiten der Comicverfilmungen gründlich aufräumt. Es fällt schwer, diesen Film in Worte zu packen, die dem Kinoerlebnis nahekommen. Zu anders ist er einfach in vielen Belangen im Vergleich zu dem, was man sonst zu sehen bekommt – alleine das sollte einem die Kinokarte schon Wert sein. Auf jeden Falle gehört er zu einem der besten und tiefgründigsten Filme zum Thema, und kann sich spielend an die Seite ähnlicher Meisterwerke wie Batman Begins, V wie Vendetta oder Sin City setzen, wenn nicht gar an ihre Spitze. Watch the Watchmen! (9/10)

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