Natürlich war es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Sänger und Gitarrist der Grunge-Legende Pearl Jam sein erstes Solo-Album veröffentlicht. Hatte man doch schon seit deren dritten Album Vitalogy das Gefühl, dass Eddie Vedder mehr und mehr zum tragenden Element der Band wurde. Auf ihren letzten drei Alben stammten folgerichtig auch jeweils mehr als die Hälfte der Lieder aus seiner Feder und auch die Shows ihrer letzten Welttourneen (grandioses Konzert als Headliner des diesjährigen Hurricane-Festivals) waren immer deutlicher auf den charismatischen Sänger zugeschnitten. Dass das erste Solowerk nun in Form eines Soundtracks erscheint, ist schon überaschender, auch wenn Pearl Jam ohne Frage gute Erfahrungen mit Beiträgen zu Soundtracks gemacht haben. So erschienen gleich zu Beginn ihrer Karriere zwei ihrer besten Songs überhaupt („State of love and trust“ und „Breath“) auf dem Singles-Soundtrack und zu Tim Burton’s traumhaftem Film Big Fish steuerten sie mit „Man of the hour“ das wohl schönste Lied ihrer späteren Schaffensphase bei.
Jetzt also ein zwar kurzes, aber komplettes Werk im Alleingang. Sean Penn verfilmt mit Into the wild den gleichnamigen Roman des Extremjournalisten Jon Krakauer, in dem die Lebensgeschichte von Christopher McCandless rekonstruiert wird, der, von einer unzähmbaren Abenteuerlust getrieben, sein altes Leben zurück lässt, in die Wildnis Alaskas aufbricht und schließlich dabei ums Leben kommt. Da der Film erst im Februar 2008 in die deutschen Kinos kommen wird, gibt uns Eddie Vedder quasi einen musikalischen Vorgeschmack auf die Geschichte.
Meist nur mit akustischer Gitarre und seiner unnachahmlichen tiefen Stimme intoniert, erzeugt er dabei oft nur skizzenhaft Bilder im Kopf des Zuhörers. Zeitlose Bilder von unendlichen Weiten, einem alles durchströmenden Freiheitsgefühl, aber auch einsamen Nächten und dem unangenehmen Gefühl, mit sich allein sein zu müssen. Es ist schwer, einzelne Lieder dieses Gesamtwerks hervor zu heben, besonders schön gelungen sind jedoch das wunderschön folkige „Rise“, das nicht mehr wegzudenkende „Big hard sun“ sowie die textlich und musikalisch wunderbare Coverversion „Society“. Eddie Vedder schafft auf diese Weise ein Album, welches den Vergleich mit ganz großen zeitlosen Meilensteinen der Musikgeschichte, wie Bruce Sprinsteen’s Nebraska und Neil Young’s Harvest, geradezu herausfordert. Da bleibt nur noch zu hoffen, dass Into the wild als Film so großartig wird, wie es der Soundtrack verspricht. Dann werden aus diesen gerade mal dreißig Minuten Musik … eine halbe Stunde Ewigkeit.
(8 Punkte)